Daten würden oft als "das neue Öl" bezeichnet, sagte APA-Geschäftsführer Clemens Pig in seinem Eingangsstatement. "Unsere Welt benötigt aber nicht nur eine Dekarbonisierung, sondern unsere digitale Welt benötigt auch saubere Daten", hielt er fest. Mittlerweile hätten viele Menschen verstanden, dass man auch einen "digitalen Preis" bezahle: "Daten, Tracking, Targeting".
Mittlerweile hätten Daten und künstliche Intelligenz auch ihren Eingang in die Redaktionen, wie in der Austria Presse Agentur selbst, gefunden. Die Wahlberichterstattung werde beispielsweise durch künstliche Intelligenz unterstützt, mittlerweile wurde auch ein eigenes "Data + Graphics"-Team eingerichtet, das sich mit Datenjournalismus beschäftigt. Dennoch wird es laut Pig auch künftig Journalistinnen und Journalisten in den Newsrooms brauchen, "weil die Auswahl einer Geschichte zum Glück für sehr lange Zeit noch menschlich ist".
Der APA-Chef plädierte daher für eine "verantwortungsbewusste künstliche Intelligenz". Daten würden "für sich alleine stehen" - entscheidend sei, "was man daraus macht, in welchen Zusammenhang man sie bringt und wie man sie vernetzt".
Gratwanderung
Hermann Petz, Vorstandsvorsitzender der Moser Holding, erinnerte an die "Euphorie", die zu Beginn des Zeitalters der sozialen Medien geherrscht hatte. Man sah die Chance der Demokratisierung - "aber niemand von uns hätte gedacht, dass in autokratischen Systemen eine totale Überwachung möglich ist", meinte er.
Als Medienunternehmen könne man aber auch die Vorteile von sozialen Netzwerken nutzen, immerhin erhalte man dadurch einen "niederschwelligen Zugang" zur Leserschaft, der sonst nicht möglich wäre. Dennoch bergen diese Plattformen auch das Potenzial, Wahlen zu manipulieren und durch Algorithmen Echokammern zu erzeugen. Es sei eine "Gratwanderung", stellte er fest.
Die Journalistin und Datenexpertin Ingrid Brodnig kritisierte, dass niemand Einblick in den Algorithmus von Facebook erhalte. Politische Parteien würden große Summen in ihre digitalen Kampagnen investieren, aber nicht wissen, mit welchen Methoden das Unternehmen arbeite. "Wir spielen alle bei einem Spiel mit, von dem wir die Spielregeln nicht kennen", veranschaulichte sie die Problematik. Daher würden auch Parteien von mehr Transparenz profitieren.
Sie mahnte daher die Schaffung von Gesetzen ein: "Denn solange die Plattformen für sich selbst festlegen, was transparent ist, geht die Transparenz nur bis zu einem bestimmten Punkt", sagte sie. Politische Parteien sollten auch offenlegen müssen, wie viel sie für ihre Online-Wahlkämpfe ausgeben, hier forderte sie "Mindeststandards".
Wacker: Politik müsse in den digitalen Raum
Der Digitalexperte Stefan Wacker sprach ein weiteres Problem an: "Es gibt so viele Plattformen, dass immer mehr Fragmentierung stattfindet". Dennoch ist er der Meinung, dass die Politik den digitalen Raum nicht meiden sollte: "Denn Politik muss dort gemacht werden, wo die Menschen sind", ist er überzeugt. Er kritisierte aber, dass es im digitalen Raum "keinen wehrhaften Rechtsstaat" gebe. Es brauche Regeln und Gesetze - momentan fühle es sich vielmehr wie der "Wilde Westen" an.
Zudem benötige es in der "Arena des digitalen Zeitalters" Werte und Ethik sowie gute Strukturen und Know-How. Künftig müssen sich Digitalteams mehr mit Community-Management sowie mit der Beschäftigung mit Fake News befassen, war er überzeugt.
Auch der Medienwissenschafter Oliver Leistert von der Leuphana Universität Lüneburg forderte mehr Kontrolle ein. Doch er gab zu bedenken, dass Datenschutzbeauftragte EU-weit "überfordert" seien und deren Behörden "unterbesetzt". Als "Lichtgestalt" nannte Leistert den heimischen Datenschutz-Aktivisten Max Schrems, der mit seiner NGO nicht nur Facebook, sondern auch die ganze Europäische Union wegen eines Datenschutzabkommens mit den USA verklagte. "Und er hat Erfolg!"
Der jährliche Medientag stellt eine Zusammenarbeit der Universität Innsbruck mit der "Tiroler Tageszeitung" und der APA-Austria Presse Agentur dar. Er findet heuer - nach einer corona-bedingten Pause - zum 16. Mal statt. (APA)